Wir befinden uns auf Schottlands Antwort auf die amerikanische Route 66 – Synonym für unwiderstehlich schöne Landschaften und Abenteuer pur. Gastautorin Nicola de Paoli nimmt uns mit auf eine abenteuerliche Reise. Ihre Eindrücke hat sie in tollen Bildern für uns festgehalten.
Dieses Blau! Das Meer trägt Veilchenfarben. Ich springe mit gezückter Kamera aus dem Auto und renne einige Meter am Straßenrand entlang. Dieser eine Schnappschuss muss es noch sein! Doch statt auf den Auslöser zu drücken, bleibe ich wie angewurzelt stehen. Es gibt so viel zu sehen: Gelber Ginster und silberglänzende Steine, Berge und Meer wechseln sich ab; dazwischen kleine weiße Häuser, als hätte ein Maler die Szenerie entworfen. Hinter mir wird ungeduldig gehupt. Hey Leute – diesen Blick muss man einfach genießen.
North Coast 500 – 805 Kilometer Abenteuer
Wir fahren auf der North Coast 500 durch Schottlands Norden, und wer unwiderstehlich schöne und einsame Landschaften sehen will, der kommt hier auf seine Kosten. Die 805 Kilometer lange Strecke verläuft von Inverness bis in die entlegensten Ecken der Highlands. Von dort geht es an den nördlichsten Zipfel Schottlands und dann auf der anderen Seite der Küste zurück zum Ausgangspunkt. Das Fremdenverkehrsamt in der schottischen Hauptstadt Edinburgh bewirbt die North Coast 500 als die schottische Antwort auf die legendäre Route 66 durch die USA.
Schottlands Antwort auf die Route 66
Ich vermute allerdings sehr stark, dass auf der Route 66 mehr los ist, als die paar Schafe, die uns gerade bei der Ortschaft Poolewe an der Westküste den Weg versperren. Die Straße ist einspurig. Ab und zu gibt es kleine Haltebuchten, in denen man abwarten kann, bis der Gegenverkehr vorbeigefahren ist. Der Gegenverkehr ist in unserem Fall ein gewaltiger Reisebus, der sich nun langsam vor uns um die Kurve schiebt. Es hilft nichts, wir müssen zurücksetzen. Mein erster Impuls ist es, auszusteigen und die Schafe hinter unserem Auto von der Straße zu schieben. Aber Schafe sind nicht so dumm wie man meinen könnte. Sie kapieren, was wir vorhaben und verziehen sich von alleine auf die umliegenden Hügel. Und wir setzen zurück. Endlich haben wir die nächste Haltebucht erreicht. Der Bus rauscht an uns vorbei, die Schafe sind gerettet und der Busfahrer dankt uns auch noch mit dem landestypisch-lockeren Heben der Hand. Puh, geschafft.
Auf und neben der Strecke
Das Autofahren in Schottland hat seine Eigenheiten und das liegt nicht nur am Linksverkehr. Oft kommt man nur langsam voran. Doch wer will hier schon rasen: An der North Coast 500 liegt die Ruine von Ardvreck Castle bei Loch Assynt, etwas nördlich von Inchnadamph. Im Süden von Brora steht das Dunrobin Castle, ein Schloss im Stil eines französischen Châteaus. Es wurde bereits im 13. Jahrhundert bewohnt und diente während des Ersten Weltkriegs als Lazarett. Wer eine Wanderung unternehmen will, der findet in den zerklüfteten Gebirgszügen der Highlands dazu reichlich Gelegenheit. Die Berggipfel des Naturschutzgebietes Beinn Eighe und die weißen Strände von Dunnet Bay liegen an der Strecke.
Die Straße ruft
In der Nähe von Ullapool treffen wir Roddy, der an der North Coast 500 wohnt. Er habe jahrelang in Edinburgh gelebt, erzählt er. Aber nur hier an der Westküste kann er das machen, was er am liebsten tut: Angeln. Gerade lässt er sein selbst restauriertes Boot zu Wasser. „Ihr könnt gerne mitkommen“, sagt er. Aber wir müssen leider weiter. Die Straße ruft.
Die Autorin Nicola de Paoli kennt Schottland seit vielen Jahren. Sie bringt das deutschsprachige Schottland-Magazin heraus, das in Deutschland, Österreich und der Schweiz im Zeitschriftenhandel erhältlich ist. Mit Reportagen, Insidertipps und schönen Fotostrecken macht das Magazin Lust auf das Reiseziel Schottland. Das Schottland-Magazin wird in Edinburgh produziert – www.schottland.co.